Lawinenradar Zermatt
Ausgangslage
Die Kantonsstrasse von Täsch ist die einzige Strassenverbindung nach Zermatt, wo etwa 6’000 Einwohner wohnen und jährlich etwa 2 Mio. Gäste übernachten. Viele Touristen reisen mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn an, aber Einheimische und Warenverkehr sind auf die Strassenverbindung angewiesen. Diese ist an zwei Stellen stark lawinengefährdet, im Bereich Lüegelti und Schusslobina.
Mit regelmässigen Lawinensprengungen aus dem Helikopter werden die Schneemassen künstlich ausgelöst. Nicht immer jedoch sind Sprengungen möglich: bei schlechten Wetterverhältnissen kann nicht geflogen werden. Um auch in solchen Situationen die Strasse zeitweise öffnen zu können, war seit 30 Jahren ein System mit Reissleinen im Einsatz. Dieses System hatte das Ende der Lebensdauer erreicht. Ausserdem hatte es folgende Nachteile: nach einem Lawinenabgang war das System solange inaktiv, bis die Reissleinen vor Ort repariert wurden – bei Lawinengefahr ein nicht ganz ungefährliches und teures Unterfangen. Zudem konnten nur dort Lawinen registriert werden, wo Reissleinen installiert waren.
Lösung
Zusammen mit dem Büro Geoformer aus Brig haben wir im Dezember 2015 eine neue Lösung installiert: zwei Lawinenradare mit Reichweite bis 2000 m und einem horizontalen Öffnungswinkel von 90°. Diese überwachen zusammen ein Gebiet von über 2 km² und reagieren innert Sekunden, wenn in einem der betroffenen Gräben Lawinenaktivität festgestellt wird: sofort werden vier Ampeln auf rot geschaltet und vier Barrieren senken sich.
Zusätzlich wird eine fünfte Ampel in Täsch aktiviert, damit keine weiteren Fahrzeuge den Strassenabschnitt befahren. Die Gemeindebehörden werden mittels priorisierten SMS und Anrufen (Swisscom eAlarm emergency) informiert. Bei den Ampeln sind Kameras installiert, auf die die Behörden jederzeit und von überall her zugreifen können. Stellen sie fest, dass die Lawine die Strasse nicht verschüttet hat, können sie die Sperrung direkt vom Computer oder Smartphone aus wieder aufheben.
Das System ist das erste seiner Art weltweit. Es kombiniert zum ersten Mal:
- langreichweitige Lawinenradarsysteme mit breitem Öffnungswinkel (90°)
- direkte Strassensperrung
- Wiederöffnung der Strasse via Computer/Smartphone
Eine detaillierte Übersicht des Anlagekonzeptes ist hier ersichtlich.
Das Projekt wurde vom Kanton Wallis (Dienststelle für Wald und Landschaft) massgeblich unterstützt.
Diese Anlage erleichtert uns die Überwachung der Verbindungswege Täsch-Zermatt. Sie zeigt jede Lawinenbewegung im Gebiet und die Situation kann viel besser beurteilt werden.
Wir haben viele Tage, an denen es schwierig ist, den richtigen Entscheid für oder gegen eine Schliessung der Verbindungswege zu fällen. In solchen Perioden können wir die Verbindungswege offen lassen, da bei einem immer möglichen Lawinenniedergang die Strasse durch diese Anlage automatisch gesperrt wird.
Dank der Videoüberwachung können wir, ohne dass wir uns in die Gefahrenzone begeben müssen, kontrollieren, ob die Strasse verschüttet wurde und diese evtl. wieder direkt öffnen oder geschlossen lassen.
Die Anlage zeigt mir auch, bei welchen Hängen eine Lawine sich gelöst hat und wie gross die Lawine ist.
Die Anlage funktioniert sehr gut und bietet eine zusätzliche Sicherheit.
Technologien
Alarmierung
Medienberichte
NZZ am Sonntag
SRF: 10vor10
Swissinfo (English)
1815
Walliser Bote
Weitere Informationen
Die Radargeräte befinden sich auf der Talseite, die den Lawinenzügen gegenüberliegt. Sie überwachen zwei „Radarstreifen“ und schliessen die Strasse innerhalb von Sekunden, wenn eine Lawine erkannt wird. Das untere Radarband kann genutzt werden, um die Strasse automatisch wieder zu öffnen, wenn die Lawine zwischen den beiden Bändern zum Stillstand gekommen ist.
Die Radargeräte überwachen ein Gebiet von etwa 2 km². Die Entfernung zum Radar wird farbig und in Metern dargestellt.
Vier Ampeln/Schranken entlang der Strasse schliessen die Strasse automatisch innerhalb von Sekunden, nachdem das Radar eine Lawine erkannt hat.
Mithilfe von Kameras können die Verantwortlichen sofort nach einem Alarm entscheiden, ob die Strasse verschüttet ist oder nicht.
Die Öffnung erfolgt direkt vom Computer/Smartphone aus via Control Panel, wo auch der Status jeder Systemkomponente angezeigt wird.
Die detektierten Lawinen werden automatisch kartiert und können online auf einer Karte dargestellt werden.
Zeitlicher Ablauf
Am 7. März 2017 hat das Radar eine grössere (künstlich ausgelöste) Lawine detektiert. Der Zeitablauf war wie folgt:
09:58:20 Sperrung der Strasse durch das obere Radar
09:58:41 Detektion der Lawine auf dem unteren Radar
09:59:07 Staubwolke erreicht Strasse (47s nach Alarm)