Lawinenradare Bear Pass: über 1100 Lawinen detektiert im ersten Betriebswinter 2019/20

Nov 18, 2020Eis und Schnee, Neuigkeiten

Das automatische Lawinenwarnsystem am Bear Pass, Kanada, besteht aus drei Stationen: die beiden Radarstationen George Copper und Little Bears sowie die Relaisstation Mt Johnson für die unabhängige, redundante Datenübertragung. Der erste Betriebswinter war von überdurchschnittlichem Schneefall geprägt. Die beiden Radarsysteme erfassten mehr als 1100 Lawinenereignisse, davon 722 am Standort George Copper und 385 durch die Station Little Bears.

Das neuartige System unterstützt das lokale Team der Lawinenwarnung bei der Beurteilung der aktuellen Lawinensituation und verhilft ihnen zu einem besseren Verständnis der regionalen Lawinenverhältnisse. Dadurch konnten die Sperrzeiten des Highways 37A um mehr als 40% des Jahresdurchschnitts reduziert werden.

Sichtverhältnisse bei Detektion

Mehr als 50% der Ereignisse an den Standorten George Copper und Little Bears fanden im Dunkeln statt. Von den Detektion bei Tageslicht ereigneten sich 37% (George Copper) und 47% (Little Bears) bei schlechter Sicht, d.h. bei Nebel, Schneefall oder Regen. Schlechte Sichtverhältnisse bei Dunkelheit können nicht verifiziert werden und sind in dieser Statistik nicht berücksichtigt. Nur 11% für George Copper und 2% für Little Bears der Ereignisse konnten visuell bestätigt werden. Mit anderen Worten: Bei fast 90% der Lawinen (oder sogar mehr bei der Station Little Bears) ist die visuelle Erkennung nicht möglich. Hier sind einige Ereignisbilder einsehbar.

George Copper Radar

Little Bears Radar

Detektionsdistanz und -fläche

Die maximal erforderliche Detektionsdistanz beträgt bei beiden Stationen etwa 3 km. Gegenwärtig erreichen unsere Lawinenradare jedoch eine maximale Reichweite von 5 km (zum Beispiel in Randa, Schweiz). Mit den Öffnungswinkeln von 90 Grad horizontal und 20 Grad vertikal kann bei den Stationen am Bear Pass mit je einem Radargerät eine Fläche von 5 km² überwacht und gleichzeitige bis zu 5 Lawinenzüge abgedeckt werden.  Die untenstehenden Abbildungen zeigen die Häufigkeit der Lawinenereignissen in den jeweiligen Lawinenzügen. Bei der George Copper Station ereigneten sich mehr als die Hälfte der Ereignisse im Lawinenzug „George Copper“. Diese Verteilung ist weitgehend auf Eisabbrüche zurückzuführen, die vom darüber liegenden Hängegletscher stammen.

George Copper Radar

Little Bears Radar

Zeitreihe Winter 2019/20

Die folgenden Abbildungen zeigen die Ereignisse pro Tag im Zeitverlauf. Am Standort George Copper treten täglich Ereignisse auf, die hauptsächlich auf den aktiven Hängegletscher über den Lawinenzügen von George Copper zurückzuführen sind. Die Radargeräte zählten bis zu 35 Lawinenereignisse während und nach starken Schneefällen. Einige Ereignisse waren jedoch klein und wären wahrscheinlich für das Auge schwer zu erkennen gewesen.

George Copper Radar

Little Bears Radar

Lawinengrösse und -dauer

Das Radar schätzt automatisch die Dimensionen einer erkannten Lawine ab und ordnet dem Ereignis eine Zahl zwischen 1 und 5 zu. Dies ist eine grobe Angabe der Lawinengrösse, die zudem von der Lawinenexposition abhängt. Eine Lawine der Größe 3 ist viel größer als eine Lawine der Größe 1, aber der Unterschied zwischen einer Lawine der Größe 3.1 und 3.3 kann viel kleiner sein. Die meisten der erkannten Lawinen waren mittelgross bis gross, einige wenige sogar sehr gross.

George Copper Radar

Little Bears Radar