Korrekte Vorhersage des Gletscherabbruchs dank Radarmessungen

Okt 1, 2017Neuigkeiten

In der Nacht vom 10. September 2017 sind vom Triftgletscher am Weissmies ca. 200’000 m³ Eis abgebrochen. Das instabile Gletschergebiet stürzte in mehreren Ereignissen auf den darunterliegenden Gletscher und richtete keinen Schaden an (SRF-TagesschauAargauer ZeitungTagesanzeigerNZZ).

Der Triftgletscher wurde seit 2014 von Geopraevent mittels Radar und Kamera intensiv überwacht. Dank den genauen Radarmessungen und deren Interpretation durch Experten konnte der Abbruch am Tag zuvor korrekt auf die nächsten 24 Stunden vorhergesagt werden. Das interferometrische Radar stellte über Tage stark zunehmende Beschleunigungen der instabilen Eismassen fest und die Analyse der Fliessgeschwindigkeiten erlaubte es, den ungefähren Zeitpunkt des Absturzes abzuschätzen.

Nach 2.5 Jahren Radarbetrieb wurde im Frühling 2017 auf eine kostengünstigere Messmethode mit einer HD-Kamera umgestellt, welche mittels Bildanalyse die Deformation des Gletschers beobachtet. Die Deformationsanalysen der Kamera zeigten im August eine deutliche Beschleunigung des unter Beobachtung stehenden instabilen Gletschergebietes. Um genauere Abschätzungen zum möglichen Abbruchzeitpunkt machen zu können, waren jedoch Kameramessungen nicht genügend. Die Kamera liefert nur Bilder während des Tages und bei guten Sichtverhältnissen, also nicht bei dem damals herrschenden Schlechtwetter. Mehr zu den unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten vom Radar und der HD-Kamera hier.

Video1: Kamerabilder des instabilen Gletschergebietes (roter Kasten) im Zeitraffer vom 10. August bis am 9. September 2017. Die Bilder zeigen eine deutliche Beschleunigung der Eismassen (türkise Farbe). Datenlücken, wie beispielsweise zwischen dem 1. bis am 4. September, entstanden durch Schlechtwetter-Perioden. 

Radar sorgt für verlässliche Daten zu jeder Zeit

So wurde das Radar am 7. September 2017 wieder installiert und sofort in Betrieb genommen. Das Radar mass direkt nach der Installation eine Fliessgeschwindigkeit von 80 cm/Tag, die sich bis am 9. September bereits verdoppelt hatte. Nun war klar, dass der Gletscher bald abbrechen würde. Die Analyse der Geschwindigkeiten und die Einschätzungen des Gletscherexperten Prof. Martin Funk der VAW/ETH Zürich liessen auf den Morgen des 10. Septembers schliessen.

Abbildung 1: Radarbild vom 8. September 2017, 0 Uhr: Die Fliessgeschwindigkeit erreichte 80 cm/Tag. 

Abbildung 2: Radarbild vom 10. September 2017, 4 Uhr: Die Fliessgeschwindigkeit ist kurz vor dem Abbruch auf 3.6 m/Tag angestiegen. 

Da zu jenem Zeitpunkt unbekannt war, ob sich das instabile Gletschergebiet auf einmal oder in mehreren Abbrüchen lösen wird, wurde der von einer möglichen Eislawine bedrohte Dorfteil von Saas Grund am Vortag vorsichtshalber evakuiert. Nachdem sich das instabile Gletschergebiet auf über 3 m/Tag beschleunigt hatte, brach ein Grossteil davon zwischen 05:30 und 06:00 Uhr früh morgens ab und blieb auf dem darunterliegenden Gletscher liegen. Kurze Zeit später konnte Entwarnung gegeben werden und die Bewohner kehrten in ihre Häuser zurück.
Video2: Vorher-Nachher-Bild des Abbruchgebietes am Triftgletscher (9. September vs 10. September 2017). 
Ein Überblick der beiden Technologien für die Deformationsanalyse (HD-Kamera und Radar) ist hier zu finden.
Mehr über das Weissmies-Projekt hier.